Puristen dreht sich beim Anblick der von Designer Thái Công Quách gestalteten Räume der Magen um. Überall stapeln sich Gegenstände verschiedener Stilrichtungen, Gold, Glamour und Opulenz übertrumpfen einander. Doch die gewagten Interieurs sind meisterlich inszeniert und unglaublich wohnlich.
Ob in Bad, Salon oder Eingangsbereich, bei Công gibt es keine Tabus. Hier trifft der Stuhl aus den 1920ern auf Sessel im Louis-XVI-Stil. Schwere, dicke, schlammfarbene Teppiche ruhen vor goldverzierten Ornamenttapeten. Und dazwischen hängen in seiner feinen Eppendorfer Altbauwohnung immer wieder großformatige Schwarzweißfotos seiner Eltern an den Wänden, die schon vor einigen Jahren in New York Furore machten und denen auch das Hamburger Museum für Kunst und Gewerbe bereits eine eigene Ausstellung widmete.
Công ist ein Meister der Inszenierung: In seinen Raumkonzepten gehört der Stapel Bücher ebenso zum Arrangement wie das Holz im künstlichen Kamin. Trotz der Fülle an Objekten wirken die Wohnungen angenehm natürlich und unaufdringlich belebt. Gerade so, als wäre jemand von einer großen Reise nach Hause gekommen und hätte von überall Souvenirs mitgebracht.
Vor 30 Jahren kam Công mit seinen Eltern nach Hamburg. Mittlerweile prägt er den Stil der Stadt: Im Mai eröffnete in der Hafencity die “Thái Công Lounge”, ein gehobener Veranstaltungsort mit Dachterrasse. Und auch im Luxushotel “The George” stehen Objekte von Công, ebenso hat er einige Edelwohnungen in Immobilienprojekten wie dem Marco-Polo-Tower und den Sophienterrassen ausgestattet. In Frankfurt am Main trägt eine Wohnung des Prestigeprojekts “Allure” seinen teuren Stempel.
Mindestens 1000 Euro pro Quadratmeter kostet es, wenn Thái Công die Räume einrichten soll. Wladimir Klitschko und Barbara Schöneberger zählen zu seinen Kunden, der Fußballer Rafael van der Vaart hat sich in Sachen Dekoration wenigstens beraten lassen.
Nadelstreifen, Einstecktuch, die Haare sitzen
Zum Gespräch erscheint Công perfekt gekleidet in der Hamburger Hafencity: Nadelstreifenanzug, Einstecktuch, die Haare sitzen einwandfrei. Kein Wunder, denkt man sich, schließlich hat er zunächst Modedesign studiert und danach als Stylist und Fotograf gearbeitet. Doch schnell wird klar: Công ist praktisch veranlagt, ja geradezu pragmatisch. Dieser Mann weiß, was er entwirft.
Die kleinen viereckigen Tische in der Lounge etwa sind eigentlich Einzeltische, ergeben aber aneinandergereiht einen Konferenztisch. Công hat darauf geachtet, dass das Papier nicht wegrutscht, wenn man daran schreibt, dass er nicht zu kalt für die Unterarme ist – und gleichzeitig so neutral gehalten, dass man auch jederzeit daran essen kann.
Công wirkt erstaunlich bodenständig und aufgeschlossen. Von seinen Kunden erwartet er, dass sie offen für Veränderungen sind, Vertrauen in ihn und seine handwerklichen Fähigkeiten haben. Nimmt er einen Auftrag an, wird er zunächst zum genauen Beobachter. “Ich bin ein Maßschneider für Räume, und um einen Raum für den Kunden zu gestalten, der zu ihm passt, muss ich den Kunden als Menschen verstehen.”
Magie ist alles, alles ist Magie
Das ist seine Philosophie. Im Prinzip gilt für Công nur ein Ziel: “Meine Intention ist es, Menschen emotional zu bewegen. Das ist der wichtigste Grund bei all meinen Arbeiten,” sagt der Designer. “Da ist es egal, ob ich zaubere, fotografiere oder Interiors entwerfe.” Seine Inspirationen bekommt er auf Reisen, auf die er auch seine Kunden mitnimmt und ihnen die verschiedenen Stilwelten erklärt.
“Ein Kunde wollte ein Haus gerne im britischen Stil einrichten. Dann sind wir zusammen nach London gereist, um vor Ort dieses Lebensgefühl aufzunehmen, um uns englische Gegenstände und Gewohnheiten anzusehen.” Bei aller weltmännischen Professionalität flackert doch hin und wieder eine alte Leidenschaft aus Jugendzeiten durch: Das Zaubern. Im Jugendalter brachte Công es als Zauberkünstler sogar zum Deutschen Meister.
Aus dieser Zeit stammt sein Logo, das eine Taube symbolisiert. “Magie”, sagt Công und nippt an seinem Tee, “ist alles.” Công hat ein sehr feines Gespür für Stimmungen, Menschen und Situationen. Und wenn man sich in einen seiner Räume verliebt hat, will man als Besucher bestimmte Details vielleicht auch gar nicht mehr wissen – zum Beispiel, dass die schicken dunkelbraunen Sessel mit Ponyfell bezogen sind.
Source: Manager Magazin