Mit “My Parents”, seiner “Hommage an die Mode, die Fotografie und das Leben”, sorgte Thái-Công Quách bereits letztes Jahr bei der Hamburger Foto-Triennale für Furore. Jetzt wurde er dafür mit dem renommierten Infinity Award 2003 in New York ausgezeichnet.

Vor drei Monaten hat Thái-Công Quách im Hamburger Stadtteil Eimsbüttel sein erstes eigenes Büro eröffnet, eine Mischung aus Kreativstätte, Galerie, Präsentations- und Gesprächsraum. Der 31-jährige, in Saigon geborene Mode-Stylist, der mittlerweile auch selbst zur Kamera greift, hat den ehemaligen Laden mit viel ästhetischem Gespür eingerichtet. Im Vorderraum: ein langer weißer Tisch. In gläsernen Gefäßen leuchten purpurrote Pfingstrosen. Um den Tisch herum schweben durchsichtige Stühle des Designers Philippe Starck. Den bronzenen Buddhakopf gleich hinter dem Eingang entdeckte Thái-Công im Hamburger Restaurant Indochine und konnte den Inhaber überreden, sich davon zu trennen. Man sieht Kunst- und Designbücher, sparsam platzierte Vasen, die hohe Regale in den angrenzenden Räumen elegant bestücken.

Am meisten aber wird der Blick von den großen Fotografien an der Wand gefesselt: ein glamouröses Liebespaar in zärtlicher Eintracht, dasselbe Paar im reduzierten Edel-Look, eindringlich in Schwarz-Weiß gebannt. Sie entspringen dem preisgekrönten Buch- und Ausstellungsprojekt “My Parents” mit Thái-Côngs Eltern in den Hauptrollen. 30 namhafte Fotografen porträtierten die damals 57-jährige Mutter und den 93-jährigen Vater in den Kreationen großer Modehäuser. Für das ausgeklügelte Styling hat Thái-Công gesorgt.

 Faszinierende Bilder sind dabei entstanden, eine Fülle von grandiosen, dramatischen, leisen und burlesken Inszenierungen, in denen die Eltern unterschiedlichste Charaktere durchspielen. Als selbstbewusste Akteure, denen die Lebenserfahrung Anmut und Ausstrahlung verleiht. Ein spannender Gegenentwurf zum gängigen, faltenfreien Schönheitsideal der Modewelt.

Für “My Parents” wurde Thái-Công jetzt mit dem Infinity Award auf dem Gebiet der angewandten Fotografie ausgezeichnet, den vor ihm große Künstler wie Annie Leibovitz und Herb Ritts erhielten. Der angesehene Preis wird seit 1985 vom International Center of Photography in New York verliehen. Und gleich mehrfach wurde Thái-Côngs fulminante Liebeserklärung an die Eltern in diesem Jahr vom Art Directors Club Deutschland geehrt, unter anderem auch der Web-Auftritt von ” Myparents.de “. Verdiente Bestätigung für die außergewöhnliche Idee, die schillernde Sphäre des schönen Scheins mit echtem Leben aufzuladen. “Wir sehen in den Medien täglich die perfekte Schönheit. Aber die gibt es nicht. Sie ist eine Wunschvorstellung, die kunstvoll kreiert wird. Was aber passiert, wenn man das gewohnte Schema durchbricht? Wie authentisch ist Fotografie? Wie viel Realität kann ein Bild überhaupt transportieren? Dies sind Fragen, die mich beschäftigen.”

Das “Spiel zwischen Illusion und Wirklichkeit” interessiert Thái-Công weiterhin. Auch das zwischen Kunst und Kommerz, das in seinen Augen Pop-Ikone Andy Warhol wie kein Zweiter beherrschte. Im Büro, das er gemeinsam mit seinem Partner Oliver Haake (zuständig für die kaufmännische Seite) betreibt, entwickelt er nicht nur komplette Konzepte für die Ausstattung und Realisierung von Foto-Shootings und Events rund um die Mode. Sondern auch freie Arbeiten, die er zunächst in Form von Bildbänden konzipiert.

Der Glanz des Modegeschäfts hat Thái-Công nie die Bodenhaftung verlieren lassen. Aus der Rückbesinnung auf seine Ursprünge schöpft er Kreativität und Kraft. Große Dankbarkeit erfüllt ihn gegenüber seinen Eltern, die alles in Vietnam zurückließen, um ihren Kindern eine unbeschwerte Zukunft zu ermöglichen. Weihnachten 1981 traf er gemeinsam mit ihnen und seiner Schwester in Deutschland ein. Den beiden älteren Brüdern war kurz zuvor die Flucht als Boat-People gelungen. In Hamburg fand die Familie eine neue Heimat.

Schon als Kind in Saigon hatte sich Thái-Công in den Frisiersalons seines Vaters viel Inspiration für Styling und Verkleidung geholt. Als er dann in Hamburg Modedesign studierte, finanzierte er seine Ausbildung durch professionelle Auftritte als Zauberer und beriet hiesige Theater bei Zaubereffekten auf der Bühne. Als Stylist konnte er beides verbinden: seine Begeisterung für die Mode und für die gelungene Inszenierung.

Durch “My Parents” hat er jetzt auch seine Begabung für die Fotografie entdeckt. Im zweiten Teil des als Trilogie angelegten Projekts bereist er mit seinen Eltern Vietnam. In atmosphärisch dichten Schwarz-Weiß-Bildern spürt er dort ihrer Identität nach. Der dritte Part ist eine Polaroid-Dokumentation: Seit Januar 2001 fotografiert sich das Elternpaar jeden Tag mit Selbstauslöser.

Thái-Công sucht gerade nach einem Verlag, der die gesamte Trilogie veröffentlicht. In der kommenden Woche kann man sich erstmals von seinem fotografischen Können überzeugen. Die aktuelle Ausgabe des Magazins “Do’in Fine” bringt eine 18-seitige Modestrecke von ihm. Schauplatz diesmal: die Hamburger Kunsthalle.

Der Künstler im Netz: www.thai-cong.com

Source: WELT